Kein Bock mehr auf (Männer-) Drama und die Sehnsucht der Frauen
Dieser Blogbeitrag war eine lange Geburt für mich. Angefangen hatte ich damit eigentlich schon im Juni, gleich nach dem letzten. Doch im Juli hat meine ältere Schwester, nach langer Krankheit, diese Erde verlassen und im Zuge dessen, was nun alles zu regeln war, tauchte ich die nächsten Monate in das Leben meiner Schwester ein und statt „Männer-Drama“ gab es eine Abschiedsrede.
Der Impuls zu diesem Blogbeitrag kam mir damals, nachdem ich von allen Seiten immer wieder denselben Frauenfrust über „nichterwachsene“ Männer zu hören bekam.
Angefangen bei Mädels, die noch am Anfang ihrer Partnerschaftslaufbahn stehen und null Bock haben auf diese „kleinen Jungs“, die in ihrer Freizeit nichts besseres im Sinn haben, als Saufen, Fußball und Computerspiele und im Grunde nur auf der Suche nach einem Mutti-Ersatz sind.
Dann die partnerschaftserprobten Frauen, die meist schon eine Ehe hinter sich haben, und deren Kinder mittlerweile erwachsen sind, und die ganz oft – in Ermangelung eines passenden SELBST-bewußten Mannes – überhaupt keinen Bock haben, sich einen „bedürftigen“ Mann an die Backe zu hexen und lieber – mit einem traurigen Auge und einem lachenden Auge – ihre Freiheit genießen und sich endlich einmal nur um sich selbst kümmern.
Und dazwischen Mütter, die das Gefühl haben, sich nicht nur um ihre Kinder kümmern zu müssen, sondern auch um ihre Partner – Männer, die auf der einen Seite sehr erfolgreich ihre Jobs rocken, doch wenn es um Familienalltag geht, immer mal wieder in (pubertäre) Trotzzustände wegrutschen. Vor allem dann, wenn sie sich im täglichen Alltagsstress zuhause überfordert fühlen. Die dann (meist völlig unbewußt) in kindliche Bedürftigkeit wegrutschen und in die Angst, daß ihre Bedürfnisse zu kurz kommen könnten. Und im Zuge dessen dann trotzig- aggressiv ihr „Spielen“ und ihre „Auszeit“ einfordern – wie auch immer das aussehen mag.
Damals dachte ich, eigentlich ist doch alles klar: Das Problem sind zum einen die bedürftigen Männer, die einfach nicht erwachsen werden wollen. Und zum anderen wir Frauen, die das Spielchen mitspielen, indem wir immer immer noch zuviel falsche Rücksicht auf sie nehmen.
In den letzten Tagen jedoch ist mir dann auf einmal klar geworden, daß es so einfach gar nicht ist und sich dahinter eine viel tiefere und bedeutend komplexere Problematik verbirgt.
Uns allen steckt das jahrtausendealte Patriarchat noch in den Knochen.
Eigentlich sind die Zeiten der reinen patriarchalen Vorherrschaft des Männlichen ja vorbei. Die Menschheit ist ganz ganz ganz langsam auf dem Weg, eine notwendige Balance zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen auf dieser Erde zu finden. Doch das wird nur gelingen können, wenn wir das tief in unseren Genen manifestierte, antiquierte „Mann-Frau-Bild“ bewußt auflösen, loslassen und durch neue Visionen und Verhaltensweisen ersetzen.
Für uns Frauen ist das, auf den ersten Blick, einfacher, denn wir haben etwas zu gewinnen. Endlich dürfen auch wir uns beruflich und auch anderweitig selbstverwirklichen. Nicht mehr nur Heim und Herd und Kinder und Männer versorgen.
Für die Männer dagegen ist es gar nicht so einfach. Sie haben ordentlich was zu verlieren. Denn sie waren jahrhundertelang die absoluten Herren im Haus und ebenso im gesellschaftlichen Leben. Sie konnten jederzeit tun und lassen, was sie wollten, und ihre Ehefrauen mußten ihnen widerspruchslos gehorchen und ihnen zu Diensten sein. Sie hatten Privilegien ohne Ende. Und wer gibt schon gerne freiwillig seine Privilegien auf ?
(Das würde uns Frauen doch auch nicht viel anders gehen, wären wir heute an ihrer Stelle 😉
Wie der Zufall es so wollte, hat mich, während ich hier munter am Schreiben war, ein sehr interessanter Spielfilm zu diesem Thema gefunden:
„Die göttliche Ordnung“(Schweiz 2017) .
Er spielt 1971 in einem Bergdorf und es geht um das Frauenwahlrecht und die erwachende Frauenbewegung. Da gibt es eine tolle Szene: Die Familie sitzt am Frühstückstisch und einer der Söhne sagt zur Mutter: „Ich will Milch ! “ Und die Mutter greift schon nach seinem Glas, um sie ihm wie gewohnt zu holen, als ihr einfällt, daß sie, angesteckt vom Geist der Frauenbewegung, ja eigentlich da was verändern will. Und so sagt sie zu ihm: „Du weißt, wo die Milch steht!“ Und darauf antwortet er – sichtlich entsetzt : „Aber ich bin doch ein Junge !!!“
Früher gab es einfach diese strikte Trennung. Der Mann hatte die Aufgabe, das Geld heranzuschaffen, um die Familie materiell zu versorgen, und die Frau hatte sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Der Mann war der Chef und die Frau mußte ihm gehorchen.
Noch zu meiner Kinderzeit war das so krass. Meine Mutter durfte in den 70er Jahren nicht arbeiten gehen, obwohl sie das gerne getan hätte, als wir Kinder größer wurden. Meinem Vater wäre das oberpeinlich gewesen. Dann hätten die Leute im Dorf gedacht, er würde nicht genug verdienen. Und auf der anderen Seite war es für ihn unvorstellbar, „Frauenkram“ zu machen. Was hätten die Kumpels da gesagt ! „Weichei !“
Auch heute kann man immer noch beobachten, daß manche Männer es unter ihrer Würde finden, einen Putzlappen in die Hand zu nehmen. Da wird dann ganz verächtlich gesagt: „Das ist Frauenkram!“ Sie sind ja schon zu vielem bereit, aber wenn es um solch „niedere“ Dinge geht wie (Klo-) Putzen uns ähnlichem, geht ihnen das dann doch zu weit. Das ist definitiv unter ihrer Würde !!!
Frauen stehen heutzutage „ihren Mann“ im Beruf und so sollten – ausgleichend – die Männer nun zuhause genauso „ihre Frau“ stehen. Das wäre großartig!
Warum gibt es hier so viel Widerstand von Seiten vieler Männer ?
Hausarbeit und Kinderbetreuung haben keinen „Wert“ in diesem Gesellschaftssystem. Nur was Geld bringt, ist was wert. Frauen waren früher ja eigentlich in den meisten Fällen nur bessere Dienstmägde. Sie bekamen ihr Haushaltsgeld und ihre Anweisungen vom Herrn des Hauses und hatten stillschweigend zu gehorchen. Der Mann fühlte sich als Krönung der Schöpfung. Und die Frau war dazu da, ihm untertan zu sein. Frauen waren einfach weniger wert als Männer, und Frauenarbeit war entsprechend „niedere“ Arbeit und deshalb absolut unter der Würde der Männer.
Tief im Innern empfinden es viele Männer – ob bewußt oder unbewußt – auch heute noch als totale Degradierung, „Frauenarbeit“ tun zu sollen. Jahrtausendelang haben Frauen ihren Dreck weggemacht und hinter ihnen aufgeräumt, wieso soll das heute anders sein. Auch wenn heutzutage schon viele „moderne“ Männer ganz anders damit umgehen können und mittlerweile voller Freude Hausmänner sind – wenn es kritisch wird, schlagen auch bei ihnen manchmal doch die patriarchal-genetischen Prägungen durch. Vor allem wenn die Kumpels ohne Family ins Spiel kommen und sie locken.
Wie sonst ist es zu erklären, daß Väter auch heutzutage noch eiskalt auf ihre „Auszeit“ und ihren „Freiraum“ bestehen, selbst wenn sie sehen, daß zuhause im alltäglichen Kinderchaos mal wieder „Alarmstufe rot“ herrscht und die Frau am Limit ist?
Für uns Frauen ist das unverständlich. Wir halten durch. Immer. Irgendwie. Das liegt tief in unseren Genen. Denn so war es seit Jahrtausenden. Frauen mußten immer schauen, wie sie zuhause mit Haushalt und Kindern klar kamen. Mit oder ohne Geld. Für sie gab es keine Auszeit. Mütter mußten Tag und Nacht präsent sein. Der Mann ging arbeiten, kam nach Hause und hatte dann frei. Wurde zuhause nach Strich und Faden bedient. Ging in die Kneipe oder zum Sport.
Könnte es nicht sein, daß genau in solchen Momenten, wenn zuhause total der Punk abgeht, der Mann sein „modernes Bewußtsein“ verliert? Er hält den Stress nicht mehr aus und sein System kippt in einen trotzigen „Kindchen-Modus“ oder in einen herrischen „Ich kann machen, was ich will, du hast mir nix zu sagen“–Modus. Und dann nimmt der Mann sich das, was er meint zu brauchen, genauso wie Männer es jahrtausendelang gewohnt waren. Es liegt ihm einfach in den Genen, er kann dann in dieser Situation nicht anders, es ist wie ein Selbstläufer. Kommt er wieder „zu sich“, dann tut es ihm oftmals sogar leid, so gehandelt zu haben.
Schön und gut, Verständnis hin, Verständnis her, trotzdem kann es so nicht weitergehen!
The times have changed !!!
Entweder es gibt irgendwann wirklich eine Neue Ordnung oder wir eiern endlos weiter so rum. Wir wollen Gleichberechtigung! Auf allen Ebenen! Nicht nur im Beruf! Und auch dort ist es heute, erschreckenderweise, immer noch nicht überall selbstverständlich, daß Frauen den gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen wie Männer !!!
Tatsache ist, daß der Mann heutzutage in den allermeisten Fällen nicht mehr alleine verantwortlich ist für die materielle Sicherheit der Familie, sondern diesbezüglich von der mitverdienenden Frau entlastet wird. Somit sind „Verantwortungskapazitäten“ bei ihm frei geworden.
Und diese frei gewordenen „Verantwortungskapazitäten“ sollten nun – gerechterweise – dem ehemaligen „Alleinversorgungsbereich“ der Frau zur Verfügung gestellt werden, um sie im häuslichen Alltag zu entlasten. Dies wiederum verhilft ihr zu mehr Kapazitäten für ihr berufliches Wirken.
Bei den jüngeren Generationen klappt das alles schon ganz gut. Und solange noch keine Kinder da sind, ist es noch recht einfach.
Ein dringend notwendiger Schritt, um wirklich eine Neue Ordnung gesellschaftlich zu etablieren, wäre, dem alten weiblichen Wirkungsbereich „Heim, Herd und Kinder“ eine ganz neue Wertigkeit zu geben. Das würde es für die Männer auch attraktiver machen.
Wieviel leichter ist es doch morgens, aus dem Haus zu gehen, sich den ganzen Tag voll auf seinen Job konzentrieren zu können, und abends heim ins gemachte Nest zu kommen und dort gut versorgt zu werden. Und dazu noch Geld zu verdienen. Das fühlt sich gut an! Ich habe etwas geleistet und als Anerkennung bekomme ich Geld und Ansehen.
Und wie sieht die andere Seite aus ? Da bist du Tag und Nacht eingespannt in den alltäglichen Wahnsinn zu Hause. Ohne Pause geht der Punk ab. Immer das Gleiche. Aufräumen. Chaos. Wäsche waschen. Einkaufen. Kochen. Spülen. Putzen. Aufräumen. Und dazwischen die Kinder versorgen und bei Laune halten. Du wirst nie fertig !!! Kaum hast du aufgeräumt, ist schon wieder Chaos. Kaum hast du etwas Leckeres gekocht, türmen sich die Geschirrberge.
Was ist mit der gesellschaftlichen Anerkennung für diese „Sisyphusarbeit“, die sich um die Grundbedürfnisse der Menschheit kümmert ???
Wenn du genug Geld hast, engagierst du dir dafür einfach eine Dienstmagd und ein Kindermädchen. Doch es kann keine wirkliche Lösung sein, das „Lästige“ und gesellschaftlich als minderwertig Angesehene an andere zu deligieren. Das geht eh nur, wenn du reich bist, und das ist nun mal nicht die Regel. Und hilft uns auch definitiv nicht weiter, dem weiblichen Wirkungsbereich eine neue Wertigkeit zugeben und eine kollektive Neuordnung der Geschlechterrollen zu finden.
(Achtung! Nichts in den falschen Hals kriegen. Ich überzeichne gerade alles etwas. Unsere Kinder sind nicht lästig, sondern das Highlight überhaupt, kochen ist was ganz Tolles, und manchmal macht es sogar Spaß, ein Klo zu putzen 😉)
Aber wie und wo finden wir einen Lösungsansatz ? Ich spinne einfach mal noch ein bißchen weiter rum . . .
Da gibt es noch dieses Phänomen, daß viele Männer nicht wirklich erwachsen werden wollen. Diese ewigen „Jungs“, die mit 30 oder gar 40 noch „spielen“, wie mit 20! Als hätten sie Angst, den Sprung ins Erwachsensein endgültig zu tun!
Das war früher nicht so. Aus meiner Generation habe ich das so krass nicht in Erinnerung.
Vielleicht hat das ja was mit dieser ganzen Rollenverschiebung zu tun. Die jungen Frauen wollen heute in erster Instanz eine gute Ausbildung, einen guten Job und vielleicht Karriere machen. Das wollen die Männer natürlich auch – wie schon immer. Diese Frauen sind heute aber nicht mehr auf gutverdienende Männer angewiesen – sie verdienen ihr Geld selbst. Diese Frauen haben ein ganz anderes Selbstbewußtsein wie die Frauen früher, deren Fokus hauptsächlich auf Familie und Kinder ausgerichtet war, und die dafür einen Ehemann mit Geld und Ansehen wollten.
Das heißt für die Männer von heute: Mit einem tollen Job, Geld und Ansehen können sie lange nicht mehr so gut „punkten“ wie in früheren Zeiten. Sie sind nicht mehr die „Kings“ – die „Krönung der Schöpfung“. Alles was ihnen früher gedient hat, eine Frau zu beeindrucken, haben die Frauen heute schon selbst.
Hmmm ………
Vielleicht ist dieses – außerhalb des beruflichen Umfeldes – zelebrierte „trotzig pubertäre Verhalten“ und die damit verbundene unbewußte Weigerung, erwachsen zu werden, nichts anderes als ein verzweifelter Ausdruck, nicht mehr klarzukommen. Sich nicht mehr zurechtzufinden in seiner Rolle.
Früher war alles einfach: Ich Mann – Job und Geld , Du Frau – Haus und Kind.
Und heute : Ich Mann – Job, Geld , Du Frau – Job und Geld.
Vielleicht sind es aber auch einfach nur trotzige Jungs, die langsam aber sicher (unbewußt) registrieren, daß man ihnen etwas weggenommen hat:
Das Krönchen mit allen daraus resultierenden Privilegien.
Nun stehen Generationen von Männern da und müssen sich selbst neu erfinden. Eine große Herausforderung. Die zu meistern letztlich nur möglich sein wird, wenn der Mann bereit ist, seine genetisch vererbte Pascha-Rolle inclusive aller Privilegien loszulassen und er keine bedürftigen inneren Kindanteile mehr in sich trägt. Also auch bereit ist, an sich selbst zu arbeiten, emotional erwachsen zu werden und zuhause im Alltag seinen Teil der Fürsorgeverantwortung voll und ganz zu übernehmen.
Fürsorgeverantwortung erfordert weibliche Energie. Aber die steht auch den Männern zur Verfügung, genauso wie uns Frauen männliche Energie zur Verfügung steht, wenn wir einen Job rocken. Diese männliche Energie zu entwickeln, fällt uns Frauen mal wieder leichter, weil die Leistungsgesellschaft genau das verlangt. Die weibliche Energie in sich zu entwickeln, ist für die meisten Männer eine große Herausforderung, eine große Überwindung. Empfindsame, sensible Männer hatten es in der patriarchalen Gesellschaft immer sehr schwer. Wurden verspottet, lächerlich gemacht. Das sitzt alles sehr tief. Es würde nun darum gehen, den Männern zu helfen, ihre weibliche Seite zu entwickeln. WIE? Na, wir Frauen müssen den Männern ganz einfach klar machen, daß empfindsame, gefühlvolle Männer VIEL attraktiver sind, als coole Macho-Typen!
Alanis Morissette : Loblied auf den verletzlichen Mann
„…du bist der mutigste Mann, den ich je getroffen habe…..du bist der sexieste Mann mit dem ich je zusammen war …“
Zuhause dagegen, vor allem wenn kleine Kinder da sind, die versorgt werden müssen, werden diese emotionalen Ebenen schnell mal getriggert. Kleine Kinder sind bedürftig und brauchen Fürsorge. Tragen wir nun einen sehr bedürftigen, „ungestillten“ Inneren Kindanteil in uns, wird dieser früher oder später innerhalb des familiären Umfeldes auf sich aufmerksam machen.
Das zeigt sich dann, indem wir jammern (eher die Frauen) oder indem wir aggro werden und trotzig
“Trotz gehört übrigens immer zu einem nicht integrierten Kindanteil . Wenn ich erwachsen bin, dann brauche ich nicht mehr trotzig zu sein, denn ich bin jetzt handlungsfähig und nicht mehr abhängig vom goodwill der Eltern.”unseren Freiraum, unsere Auszeit fordern, um unsere vermeintlichen Bedürfnisse zu befriedigen (eher die Männer).
In früheren Zeiten haben sich die Männer einfach nicht verantwortlich gefühlt für das, was zuhause abging. Sie erteilten zwar Befehle und ihre Frauen und Kinder mußten widerspruchslos gehorchen, doch verantwortlich für das Wohlergehen der Familie und den reibungslosen Ablauf im Haushalt waren die Frauen. Und mit diesem ganzen Frauenkram wollte der Mann nichts zu tun haben.
Aus diesem eingefleischten alten Muster heraus geben Männer zuhause heute immer noch so gerne die Verantwortung an die Frauen ab und reihen sich lieber in den Kinderreigen ein nach dem Motto: „Mama mach!“
(Ist euch schon mal aufgefallen daß manche Männer irgendwann ihre Partnerinnen mit „Mama/Mutti“ ansprechen?)
Und die „Mama“ macht weiter … bis zum umfallen! Zum Glück ist sie vollgepumpt mit Östrogenen, was sie bis zu den Wechseljahren im Fürsorgemodus bei der Stange hält.
Warum sind wir Frauen heutzutage eigentlich immer noch so schnell bereit, uns den Teil der Fürsorgeverantwortung, der eigentlich den Vätern zustehen würde, auch noch aufzuladen?
Klar, wir sind irgendwann genervt, uns andauernd über denselben Mist auseinanderzusetzen, und machen dann entnervt lieber gleich alles selbst. Aber die Frage ist doch auch hier, wie stark uns Frauen die antiquierte Rolle noch in den Knochen sitzt. Wir erwarten heute zwar etwas anderes von den Männern, aber wenn es nicht von ihnen kommt, schultern wir doch wieder alles alleine. Wie schon immer. Wie gewohnt.
Es macht uns zwar wütend, doch des lieben Friedens willens unterdrücken wir diese Wut sehr oft. Und viele Frauen werden mit der Zeit einfach traurig und resignieren: „Hat ja doch alles keinen Zweck“. Und ertragen ihr Schicksal, wie es ihre Mütter, Großmütter und Urgroßmütter immer schon getan haben.
Und wenn gar nichts mehr geht, verfallen wir manchmal einfach nur noch in Selbstmitleid und jammern herum in der Hoffnung, dadurch endlich die Unterstützung zu bekommen, die wir bräuchten.
Doch nichts von alledem bringt irgendwem irgendetwas ! Am allerwenigsten das selbstmitleidige „Rumgejammere“. Denn damit schießen wir uns selbst gnadenlos in einen „Kindchen-Modus“ – und damit in ein ohnmächtiges Opferverhalten. An diesem Punkt angelangt, haben wir das Gefühl, nur noch eine Instanz im Außen kann uns retten. Unsere große Hoffnung ist natürlich, daß der Mann jetzt in die Pötte kommt, das Ruder an sich reißt und uns endlich entlastet. Doch leider passiert in vielen Fällen genau das Gegenteil! Der „bedürftige“ Mann hält die nun „bedürftige“ Frau nicht aus und flüchtet. Zieht sich entweder trotzig nach innen zurück oder haut ab zu den Kumpels in die Kneipe.
Hier trifft ein überforderter bedürftiger innerer Kindanteil auf einen anderen überforderten bedürftigen inneren Kindanteil Und wenn beide in diesem bedürftigen „Inneren Kind-Modus“ gelandet sind, fällt es sehr schwer, lösungsorientiert zu bleiben. Je nach Trotz-Grad will man dann nur noch um sich schlagen.
Männer mit bedürftigen inneren Kindanteilen sind in der Regel besser dran als Frauen mit bedürftigen inneren Kindanteilen, denn für diese Männer gibt es jede Menge Frauen, die sie betüdeln wollen – zumindest mal eine zeitlang 😉
Frauen müssen ihre „Bedürftigkeit“ viel stärker unterdrücken, da die meisten Männer nicht unbedingt über „weibliche Kümmer-Antennen“ verfügen, an denen die Frauen andocken könnten, sondern sich lieber schnell aus dem Staub machen.
Eine wirklich erfüllende Partnerschaft kann aber auf Dauer nur gelingen, wenn beide emotional erwachsen geworden sind. Weder ist die Frau zuständig für das bedürftige Innere Kind des Mannes, noch ist der Mann zuständig für das bedürftige Innere Kind der Frau. Hier haben wir das Fatale an der ganzen Sache. Wir projizieren unsere unerfüllten Bedürfnisse unbewußt auf unsere Partnerin bzw. unseren Partner und erwarten dort Verhaltensweisen, mit denen diese/r natürlich völllig überfordert ist. Denn kindliche Bedürftigkeit hat nichts in einer Partnerschaft verloren und kann auch dort niemals befriedigt werden.
Aber auch die eigenen Eltern sind, sobald wir erwachsen sind, nicht mehr zuständig für unsere bedürftigen inneren Kindanteile, anders gesagt, nicht mehr verantwortlich für unser Wohlergehen. Dieser Zug ist längst abgefahren.
In Familienaufstellungen kann man diese Dynamik immer wieder gut beobachten : Solange wir als „erwachsene Kinder“ immer noch erwartungsvoll den Eltern zugewandt stehen in der Hoffnung, vielleicht doch noch das zu bekommen, was wir als Kinder nicht von ihnen bekommen haben, bleiben wir im Kindermodus. Der heilsame Schritt wäre, zu den Eltern – mit Blick auf ihr Schicksal – zu sagen:
Lieber Papa, liebe Mama ich nehme jetzt dankbar alles, was ihr mir gegeben habt, alles was ihr mir geben konntet und nicht geben konntet im Anbetracht eures Schicksals – und den Rest mache ich jetzt selbst.
Und dann drehe ich mich um. Schaue auf mein Leben. Schaue auf meinen Partner, meine Partnerin. Schaue auf meine Kinder. Und mit den Eltern und den Ahnenlinien in meinem Rücken verbunden, gehe ich ganz in mein Leben hinein. Schaue nicht mehr verlangend und erwartend nach hinten. Sondern gehe weiter und werde mit jedem Schritt größer und größer und stehe letzendlich als Erwachsene/r vor meinem Partner, meine Partnerin und vor meinen Kindern.
Und alles, was mir noch fehlt, das gebe ich mir jetzt selbst. Was bedeutet, daß ich mich endlich um mein bedürftiges (verletztes) Inneres Kind kümmere. Wie auch immer. Der Möglichkeiten gibt es unendlich viele im Therapiedschungel der heutigen Zeit. Da ist für jeden etwas dabei. ICH allein bin nun die zuständige Instanz für meine Bedürftigkeit. Nicht mehr meine Eltern. Nicht mehr meine Partnerin, nicht mehr mein Partner. Und auch nicht mein Guru 😉…
Indem ich die Verantwortung für alles übernehme, was ich mit meinen Eltern erlebt habe (oder noch erlebe), vollziehe ich den Schritt in die volle Eigenverantwortung für mich und mein Wohlergehen.Das bringt mich in die erwachsene Tatkraft (zurück), das macht mich (wieder) handlungsfähig mit dem Gefühl, meinem alltäglichen „Wahnsinn“ voll gewachsen zu sein.
Kein (falschen) Erwartungen mehr – keine Enttäuschungen mehr. Und kein trotziges Inneres Kindchen mehr, das „um sich schlägt“ – wie auch immer.
Vertiefen wir die Verantwortungsthematik noch ein wenig.
Männer und Frauen müssen heutzutage BEIDE außerhalb des Hauses in ihrem Beruf Verantwortung übernehmen. Und genauso sollte es nun auch Zuhause sein, daß Männer endlich ihren Teil der „Fürsorgeverantwortung“ ohne Murren übernehmen.
Fakt ist: Wenn ich mich einmal für Familie und Kinder entschieden habe, dann gibt es eigentlich keine „Auszeit“ mehr – bis meine Kinder erwachsen sind. Ich bin in der Verantwortung für ihr Wohlergehen – 24 Stunden am Tag.
(Was nicht bedeutet, daß ich auch mal alleine weggehen kann, Urlaub machen darf o.ä. – darum geht es hier nicht. Ich hoffe, ihr versteht das jetzt nicht falsch.)
In der vollen Verantwortung für ein Kind sein, bedeutet, das Wohlergehen des Kindes steht für mich immer vor meinem eigenen Wohlergehen.(Achtung ! Das soll nun nicht bedeuten, daß ich mich aufopfere!)
Die Bedürfnisse meines Kindes stehen vor meinen eigenen Bedürfnissen. Denn mein Kind ist auf meine Fürsorge und meinen Schutz angewiesen. Auch wenn ich auf dem Zahnfleisch gehe und am liebsten alles gegen die Wand schmeißen würde, gibt es eine Instanz in mir, die immer weitermachen kann – aber nur, wenn ich ganz in meiner erwachsenen Kraft bin.
Diese Fürsorge-Verantwortung für die Kinder (und den Mann) oblag jahrtausendelang alleine den Frauen. Der Part des Mannes war es im Gegenzug, für die (materielle) Sicherheit der Familie zu sorgen. Doch diese klassische Rollenverteilung ist passé! Viele Männer wollen es leider nur noch nicht so ganz wahrhaben. Ich kann als „moderner“ Mann heutzutage keine Kinder mehr in die Welt setzen und mich an patriarchale Privilegien klammern wie anno dazumal. Das geht immer auf Kosten der Frau und Mutter und letztendlich der Kinder. Was früher normal war, ist einfach rum!
Immer wieder hört man Frauen von ihrer „Sehnsucht nach starken Männern“ reden. Doch solange wir Frauen die Männer zuhause wie Kinder behandeln, werden sie sich weiterhin wie Kinder aufführen. Es wird höchste Zeit, sie wie erwachsene Männer zu behandeln.
Das bedeutet, wir Frauen müssen uns getrauen, die Männer zuhause zu fordern:
- Wie sollen sie erwachsen werden, wenn wir immer und immer wieder auf sie falsche Rücksicht nehmen?
- Wie sollen sie erwachsen werden, wenn wir uns immer gleich fürsorglich um ihre bedürftigen inneren Kinder kümmern, anstatt ihnen eigene Heilungs-schritte dafür zuzumuten?
- Wie sollen sie jemals in ihre eigene Fürsorgekraft und -verantwortung kommen, wenn wir uns dauernd alles schönreden, anstatt endlich das einzu-fordern, was uns zusteht und was heutzutage das Selbstverständlichste auf der Welt sein sollte?
- Wie sollen sie ihre Fürsorgeverantwortung nehmen können, wenn wir ihren Teil der Verantwortung nicht endlich loslassen und ihnen einfach vor die Füße legen?
Hier heißt es für uns Frauen, mutig all die alten Vorstellungen und damit verbundenen Ängste aus den Zeiten der patriarchalen Unterdrückung, die uns bewußt oder unbewußt immer noch in den Knochen sitzen, ganz loszulassen.
Leichter gesagt, als getan. So ohne ist das gar nicht !
Vor ein paar Tagen, kurz nachdem ich den Spielfilm „Die göttliche Ordnung“ angeschaut hatte, ist mir das knallhart bewußt geworden. Während ich mit dem Blogbeitrag zugange war, überfiel mich plötzlich eine unerklärliche, merkwürdige Angst. Irgendein Teil in mir wollte unbedingt, daß ich aufhöre zu schreiben! Er wollte, daß ich den ganzen Beitrag lösche! Auf keinen Fall veröffentlichen! Diesem Teil machte all das, was ich hier gerade schreibe, eine irre Angst.
Ich beobachtete das Ganze schockiert und versuchte herauszufinden, was hier mit mir passierte. Und landete prompt im „kollektiven Angst-Pool des Weiblichen“ – von dem meine Generation Frauen einfach noch viel stärker tangiert wird, als die Mädels von heute.
Dazu fällt mir noch eine bittere Story von früher ein: Als Kind wollte ich unbedingt pfeifen lernen, so wie die Jungs das alle konnten. Und was bekam ich zu hören:
Mädchen, die pfeifen, und Hühner, die krähen, den soll man bei Zeiten den Hals herum drehen.
Es ist ja noch gar nicht so lange her, daß wir Frauen den Mund aufmachen, geschweige denn Kritik am Mann üben dürfen, ohne Repressalien seitens der Männer zu erwarten.
Das ist auch heutztage noch ein sehr heikles Thema! Kritisiere mal einen Mann, wenn du dich traust 😉 Die meisten „springen dir gleich ins Gesicht“. Da kommt mit Sicherheit ganz oft – unbewußt – das patriarchale „Untersteht dich! Ich laß mir doch von einer Frau nicht vorschreiben, was ich tun soll!“ durch.
Ein anderer wichtiger Aspekt ist auch, daß wir Frauen immer noch voll auf „Friede, Freude, Eierkuchen“ programmiert sind. Harmonie um jeden Preis. Leider geht die familiäre Scheinharmonie meist auf unsere Kosten. Und unseren Kindern brauchen wir auch keine „Happy Family“ vorzuspielen. Kinder sind nicht blöd. Sie haben Antennen bis Timbuktu. Sie spüren, wenn was mit den Eltern nicht stimmt. Sie fühlen mit. Sie gleichen aus. Sie agieren unsere unterdrückte Wut aus. Sie spüren unser Traurigkeit. Unsere Verzweiflung. Unsere Angst.
Wie ging es uns denn als Kinder? Erinnert ihr euch noch?
Wir spürten immer, wenn die Kacke am dampfen war. Wenn die Mutter mal wieder sauer auf den Vater war, weil er sich die Kanne gegeben hat, um seinen Frust zu ertränken. Wenn wir auf „Zehenspitzen“ gehen mußten und uns ruhig verhalten sollten, weil er kurz vor dem Explodieren war. Wir spürten es immer. Auch wenn es hieß, „Alles in Ordnung“, und nach außen hin „Happy Familie“ gespielt wurde. Wir spürten es. Und unseren Kindern geht es nicht anders. Egal wie alt sie sind.
Warum machen Frauen das heute immer noch mit? Über Jahre. Immer wieder Wut. Immer wieder Verständnis. Immer wieder falsche Rücksicht nehmen. Immer wieder das Eigene zurückstecken, um den Mann bei Laune zu halten.
Viele sagen:
Letztendlich ist es doch einfacher für mich, wenn ich gute Miene zu allem mache und meine Wut schlucke, als wenn er zu Hause tagelang aggro ist.
In vielen Frauen steckt auch heute noch Angst vor der aggressiven Reaktion der Männer – ob bewußt oder unbewußt.
Ihr sagt jetzt vielleicht: „So ein Quatsch, ich habe doch keine Angst vor meinem Mann.“ Ihr habt ja auch keine Angst vor eurem Männern. Diese Angst gilt dem, was unbewußt an patriarchalem Herrschaftsverhalten noch in ihnen wirkt und an bestimmten Punkten einfach ausbricht. Fangt mal an zu beobachten und ihr werdet merken, wie subtil da manche Dinge wirken und dazu führen, daß ihr anfangt „rumzueiern“, anstatt klar und bestimmt zu sagen, was ihr von ihnen wollt. Es sind diese plötzlichen, unerwarteten, direkt oder indirekt aggressiven Reaktionen. Es wird zum Glück von Generation zu Generation besser.
Aber noch sind sie da . . .
. . . und es liegt nun an uns Frauen, den Wandel voranzutreiben. Männer werden von sich aus so schnell nicht loslassen, was sie jetzt noch als Privilegien beanspruchen. Wir Frauen sind hier die entscheidende Instanz. WIR müssen unseren Mund aufmachen und sagen, was wir wollen. Sagen, was uns stinkt. Mutig. Entschieden. Selbstbewußt. Kraftvoll. Selbstbestimmt. Es ist unsere Aufgabe, ihnen zu helfen, ein neues Bewußtsein in sich zu entwickeln, was die Rolle des Männlichen und des Weiblichen in dieser Welt angeht.
Männer –
- Übernehmt endlich Verantwortung für eure bedürftigen Inneren Kinder! – Wir wollen nicht länger „Mama“ für euch spielen!
- Übernehmt euren Teil der Fürsorgeverantwortung für eure Familien! – Wir wollen nicht länger falsche Rücksicht nehmen und euer kindisches Verhalten ausgleichen!
- Werdet endlich erwachsen – Wir wollen Männer an unserer Seite und keine weiteren Kinder!
- Tragt endlich eure Eigenverantwortung – Wir wollen euch nicht länger zur Verfügung stehen, damit ihr euren unerlösten Kram an uns ausagiert!
- Kapiert endlich, daß auch ihr fühlende Wesen seid – Wir wollen nicht länger eure abgespaltenen Gefühle in uns fühlen!
- Werdet die Männer, die ihr seid !
Und wir – wir Frauen kümmern uns nun genauso liebevoll wie schon immer um Kinder, um Männer und um weiß der Himmel was noch alles, auch um unsere verletzten, bedürftigen inneren Kindanteile. Damit auch wir unseren unerlösten Kram nicht länger an euch ausagieren.
Und wenn dann auch noch der Pascha gehen darf, ist der Weg frei in eine gleichberechtigte, erfüllte Partnerschaft.
Mädels, es liegt nun alles in unserer Hand –
- Wir müssen den Mut aufbringen, uns an den „Abgrund“ zu wagen.
- Müssen konsequent zu uns stehen.
- Dürfen keine Angst davor haben, verlassen zu werden
- Dürfen keine Angst haben, alleine zu sein.
- Denn wie es aussieht, gibt es sonst niemanden, der diese Aufgabe für uns übernehmen kann.
Das wurde mir völlig klar, als ich den nachfolgenden Spruch der Cherokee-Indianer entdeckte :
Die höchste Berufung einer Frau ist es, den Mann zu seiner Seele zu führen, damit er sich mit der Quelle verbinden kann.
Die Höchste Berufung des Mannes ist es, die Frau zu beschützen, damit sie frei und unverletzt auf dieser Erde wandeln kann.
Alles wagen – alles gewinnen.
Laßt uns – jede in ihrem kleinen Universum – trotz aller Ängste
damit anfangen und unseren Kinder mutig Vorbild sein.
Ändern wir einfach die Spielregeln !
Wenn nicht JETZT – wann dann ?
Selbst-bewußte Frauen wollen Selbst-bewußte Männer
Selbst-bewußte Männer brauchen Selbst-bewußte Frauen
Dann hat das alte Drama ein Ende und ein neues Spiel kann beginnen.
HAPPY HALLOWEEN
Rita
P.S. Gerade kam mir noch die Idee, daß wir viel mehr Chancen haben, solche eingefahrenen Dinge zu verändern, wenn wir es schaffen, alles nicht so furchtbar ernst zu nehmen. Denn je ernster wir etwas nehmen, umso mehr plustert sich unser Verstand auf und macht daraus ein unüberwindbares Riesendrama.
Für unser Herz dagegen ist alles ganz einfach : LOVE IS ALL YOU NEED.
Text: © 2018: Rita Maier, ledragonfly.blog
Fotos: www.unsplash.com | www.pixabay.com | Multi-Tasking-Frau mit 3 Kindern am PC: Petra Gall – www.petra-gall.de